BFG zum Unterlassen der Abgabe von Steuererkl盲rungen

Tax News 5/2024

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Abgrenzung Versuchsstrafbarkeit von vollendeter Abgabenhinterziehung

Steuererkl盲rungen werden zum F盲lligkeitszeitpunkt nicht eingereicht: Bei Unkenntnis der Beh枚rde von der Entstehung eines Abgabenanspruchs dem Grunde nach liegt eine vollendete Abgabenhinterziehung vor, wenn die Beschuldigte die Abgabenverk眉rzung bei Eintritt der Erkl盲rungsverpflichtung ernstlich f眉r m枚glich h盲lt und sich damit abfindet (Bundesfinanzgericht 8.10.2024, ).

1. Sachverhalt: Unterlassene Abgabe von Steuererkl盲rungen

Der Spruchsenat sprach die Abgabepflichtige wegen versuchter Abgabenhinterziehung betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer jeweils f眉r die Jahre 2018 und 2019 schuldig. Die Beschwerdef眉hrerin (Bf.) bekannte sich schuldig, erhob aber Strafbeschwerde an das BFG.

Die Bf. erzielte seit dem Jahr 2016 Eink眉nfte aus unterschiedlichen T盲tigkeiten (z. B. Werbeagentur), die sie nicht erkl盲rte. Die Bf. reichte keine Umsatzsteuervoranmeldungen ein und entrichtete auch keine Umsatzsteuervorauszahlungen. Auch Einkommensteuervorauszahlungen wurden nicht entrichtet. Sie reichte zu den gesetzlichen Terminen f眉r die Veranlagungsjahre 2018 und 2019 (jeweils Einkommen- und Umsatzsteuer) keine Jahreserkl盲rungen ein.

2. Problemstellung: Strafbemessung

Da die Bf. den Schuldspruch nicht bek盲mpfte, hatte das BFG nur 眉ber die Angemessenheit der verh盲ngten Strafe abzusprechen. Vor diesem Hintergrund befasste sich das Gericht mit der Abgrenzung von vollendeten und versuchten Finanzvergehen. Versuch und Vollendung sind nach dem Finanzstrafgesetz grunds盲tzlich strafrechtlich gleichwertig verp枚nt: Die Strafdrohungen betreffend vors盲tzliche Finanzvergehen gelten in gleicher H枚he sowohl f眉r die vollendete Tat als auch f眉r den Versuch (搂 13 FinStrG).

Allerdings ist der Umstand eines lediglich versuchten Finanzvergehens im Rahmen der Strafbemessung zu ber眉cksichtigen. Daher war Schwerpunkt der BFG-Ausf眉hrungen das 鈥濨ewirken鈥� der Abgabenverk眉rzung, also der Zeitpunkt der technischen Deliktsvollendung. Gem盲脽 搂 33 Abs. 3 FinStrG ist die Abgabenverk眉rzung bewirkt

  • entweder mit Bekanntgabe des Bescheids oder Erkenntnisses, mit dem bescheidm盲脽ig fest-zusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden,
  • oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbeh枚rde von der Entstehung des Abgabenanspruchs mit dem Ablauf der gesetzlichen Erkl盲rungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

3. BFG-Entscheidung

Zur 鈥濳enntnis der Beh枚rde von der Entstehung des Abgabenanspruchs鈥� referierte das BFG zun盲chst Rechtsprechung der H枚chstgerichte (OGH und VwGH). Die Frage der (Un-)Kenntnis der Abgabenbeh枚rde von der Anspruchsentstehung ist auf eine bestimmte Abgabenart je Veranlagungsjahr zu beziehen. In folgenden F盲llen bejahte der VwGH die Kenntnis von der Entstehung eines Abgabenanspruchs:

  • Rechtsmittelverfahren zu Vorauszahlungen vor Entstehung des Abgabenanspruchs.
  • Vor Eintritt der Erkl盲rungsverpflichtung begonnene Ermittlungen.

Fallgegenst盲ndlich zog das BFG folgende Schlussfolgerungen:

  • Das Finanzamt war bei Eintritt der Erkl盲rungsverpflichtung nicht in Kenntnis von der Entstehung eines konkreten Abgabenanspruchs, weil die von der Beh枚rde vorgenommenen Sch盲tzungen nicht auf Kontrollmaterial basierten. Die Bf. war zwar steuerlich erfasst, jedoch war die Beh枚rde bei Eintritt der Erkl盲rungslegungsverpflichtung im jeweiligen Folgejahr nicht in Kenntnis, dass ein Abgabenanspruch auch tats盲chlich mit Ablauf der Vorjahre (Steuerjahre 2018 und 2019) entstanden war.
  • Es liegen objektiv vier Finanzvergehen der vollendeten Abgabenhinterziehung nach 搂 33 Abs. 3 lit a zweite Fallvariante FinStrG vor und nicht Versuche der Verk眉rzung bescheidm盲脽ig festzusetzender Abgaben (搂 33 Abs. 3 lit. a erste Fallvariante FinStrG).
  • Die versp盲tete Nachreichung der Jahreserkl盲rungen ist ein Nachtatverhalten, das keinen Einfluss auf die Strafbarkeit hat. Mangels Vorliegens von Finanzvergehen im Versuchsstadium sind die Nachreichungen der Jahreserkl盲rungen auch nicht als R眉cktritte vom Versuch anzusehen.

4. Bewertung der BFG-Entscheidung

Die Bf. konnte mit der Beschwerde gegen die Strafh枚he keine Verbesserung ihrer Situation erreichen. Im Gegenteil: Das BFG wertete die Taten 鈥� entgegen der Unterinstanz 鈥� nicht als Versuch, sondern als vollendete Abgabenhinterziehung. Zwar hat der Beschuldigte mit einer Beschwerde insoweit nichts zu verlieren, als im Rechtsmittelverfahren ein Verschlechterungsverbot gilt und somit eine Verschlechterung nur bei Anfechtung durch die Beh枚rde m枚glich w盲re. Allerdings handelt es sich laut Rechtsprechung um keine Verschlechterung, wenn das BFG bei der Strafbemessung Vollendung statt Versuch annimmt. Die Vollendung war bei der Strafbemessung als erschwerender Umstand zu ber眉cksichtigen.

Aus Praktikersicht sensibilisiert dieser Fall neben der Strafbemessung f眉r weitere Konsequenzen, die mit der schwierigen Abgrenzung zwischen versuchten und vollendeten Finanzvergehen einhergehen. W盲hrend im Versuchsstadium ein strafbefreiender R眉cktritt vom Versuch m枚glich ist, l盲sst sich Strafbefreiung nach eingetretener Abgabenverk眉rzung nur noch durch Selbstanzeige erreichen, falls die Beh枚rde von der Tat noch keine Kenntnis hat (Tatentdeckung). Unterschiedliche Rechtsfolgen k枚nnen sich beispielsweise auch f眉r den Verj盲hrungsbeginn ergeben.

5. Fazit und Praxistipp

Eine Voraussetzung f眉r die Bewirkung einer Abgabenverk眉rzung durch Nichterf眉llung einer Erkl盲rungspflicht ist, dass der Abgabenbeh枚rde die Entstehung des Abgabenanspruchs 眉berhaupt nicht bekannt geworden ist. Eine andere Beurteilung als im beschwerdegegenst盲ndlichen Sachverhalt ist nur m枚glich, wenn dem Finanzamt die Erzielung von Eink眉nften samt Entstehung eines Abgabenanspruchs 鈥瀌em Grunde nach bekannt鈥� waren. Die praxisgerechte Aufbereitung eines solchen Falls finden Sie hier: BFG zu Kryptow盲hrungen: keine Abgabenhinterziehung bei unklarer Rechtslage.