Zur Anwendbarkeit der zollrechtlichen Vorschriften f眉r die Einfuhrumsatzsteuer
Tax News 2/2024
Umsatzsteuer
Der EuGH hat sich in seinem Urteil vom 18. J盲nner 2024, Hauptzollamt Braunschweig (Lieu de naissance de la TVA - III), , mit der Frage besch盲ftigt, ob eine nationale Regelung, die die Verkn眉pfung des Ortes der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer mit dem Zollrecht vorsieht, mit der MwStSyst-RL vereinbar ist. Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Verkn眉pfung in der MwStSyst-RL nicht vorgesehen ist und demnach der MwStSyst-RL widerspricht.
Sachverhalt
G. A. erwarb im September 2012 auf einem Markt in Polen Zigaretten und verbrachte die Zigaretten, ohne die zust盲ndigen Zollstellen dar眉ber zu informieren, in die N盲he von Braunschweig (Deutschland). In Deutschland 眉bergab G. A. die Zigaretten an einen deutschen K盲ufer.
Das Hauptzollamt Braunschweig befand, dass die Zigaretten vorschriftswidrig in das Zollgebiet EU verbracht worden seien und daher die Zollschuld in Deutschland entstanden sei. Ferner sei auch die Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland entstanden, weshalb das Hauptzollamt einen Umsatzsteuerbescheid erlies. Gegen diesen Umsatzsteuerbescheid erhob G. A. Einspruch.
Das Finanzgericht Hamburg hegte jedoch Zweifel, ob der Entstehungsort der Einfuhrumsatzsteuer tats盲chlich in Deutschland ist: Der Ort der Einfuhr der Zigaretten lag in Polen, weil sie dort in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen seien. Folglich w盲ren die deutschen Zollbeh枚rden f眉r die Festsetzung und Erhebung der Einfuhrmehrwertsteuer nur unter der Voraussetzung zust盲ndig, als die Einfuhrumsatzsteuer auf Grundlage einer rechtlichen Fiktion als in Deutschland entstanden gilt. Eine solche rechtliche Fiktion findet sich in 搂 21 Abs. 2 dUStG, wonach Art. 215 Abs. 4 UZK sinngem盲脽 anwendbar ist. Demnach gilt die Einfuhrumsatzsteuer, sofern sie weniger als EUR 5.000 betr盲gt, als in dem Mitgliedstaat entstanden, in dem ihre Entstehung festgestellt wurde. Das Finanzgericht Hamburg hegt jedoch Zweifel, ob 搂 21 Abs. 2 dUStG mit der MwStSyst-RL konform ist und legte diese Frage dem EuGH vor.
Der EuGH f眉hrte eingangs aus, dass gem. Art. 60 der MwStSyst-RL die Einfuhr in dem Mitgliedstaat erfolgt, in dessen Gebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Union verbracht wird. Art. 60 MwStSyst-RL stellt demnach auf den Ort der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer ab. Im Gegensatz dazu stellen Art. 70 und Art. 71 Abs. 1 MwStSyst-RL auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld ab. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld hat der EuGH bereits festgehalten, dass die Mitgliedstaaten eine Erm盲chtigung gem Art. 71 Abs. 1 MwStSyst-RL haben, den Zeitpunkt der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer an den Zeitpunkt der Entstehung der Z枚lle zu kn眉pfen.
Fraglich ist jedoch, ob die MwStSyst-RL eine solche Verkn眉pfung auch zwischen dem Ort der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer und der Z枚lle vorsieht, was der EuGH basierend auf der Wort- und systematischen Interpretation ablehnt. Diese Auslegung sei auch vom Territorialit盲tsgrundsatz gedeckt: Im Gegensatz zu Z枚llen, deren Einhebung der EU unabh盲ngig davon zustehe, welcher Mitgliedstaat sie erhebt, stehen die Einnahmen i. Z. m. der Einfuhrumsatzsteuer jenem Mitgliedstaat zu, in dem der Endverbrauch erfolgt. Im gegebenen Fall wurden die Zigaretten in Polen dem Wirtschaftskreislauf der EU eingef眉hrt und waren zum Verbrauch in diesem Mitgliedstaat bestimmt. Demnach m眉sste die Einfuhrumsatzsteuer in Polen entstanden sein. Wenn Art. 215 Abs. 4 UZK Anwendung finden w眉rde, w眉rde das bedeuten, dass die Einfuhrumsatzsteuer in jenem Mitgliedstaat entstehen w眉rde, in dem die Zollschuld festgestellt wurde, im gegebenen Fall in Deutschland. Dies stehe jedoch im Widerspruch zur steuerlichen Territorialit盲t.
Ergebnis
Dieses Urteil zeigt, dass die in Art. 71 Abs. 1 MwStSyst-RL vorgesehene Verkn眉pfung zwischen der Entstehung der Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuld sich ausschlie脽lich auf den Zeitpunkt bezieht und keine Auswirkungen auf den Ort hat. Der EuGH betont, dass die Umsatzsteuer eine Verbrauchssteuer ist, und die Gegenst盲nde zum Verbrauch in dem jeweiligen Mitgliedstaat bestimmt sein m眉ssen. Da im vorliegenden Fall der Verbrauch der Zigaretten grunds盲tzlich in Polen gesehen wurde, h盲tten die deutschen Beh枚rden zudem die Verpflichtung gehabt, die zust盲ndigen polnischen Beh枚rden 眉ber die Sicherstellung der Zigaretten zu informieren, um die Gefahr eines Steuerverlustes in Polen zu vermeiden.