Immo-ESt bei gemischten Schenkungen an Angeh枚rige, wenn Gegenleistungen 75 % des Liegenschaftswertes erreichen
Tax News 01/2022
Immobilien
Die Immobilienertragsbesteuerung gem 搂 30 EStG setzt eine Ver盲u脽erung voraus, die von unentgeltlichen 脺bertragungen abzugrenzen ist. Haben die Beteiligten eine zum Teil entgeltliche, zum Teil unentgeltliche gemischte Schenkung vereinbart, muss der Hauptzweck des Gesch盲ftes ermittelt werden. Wenngleich bei nahen Angeh枚rigen im Zweifel eine Schenkungsabsicht vermutet wird, ist nach Ansicht des VwGH () von einem entgeltlichen Rechtsgesch盲ft auszugehen, wenn der Wert der Gegenleistung um nicht mehr als 25 % vom Liegenschaftswert abweicht und keine besonderen Umst盲nde einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen.
1. Sachverhalt
Der Revisionswerber und seine Ehefrau 眉bertrugen im Rahmen eines Schenkungsvertrages jeweils zur H盲lfte ein Wohnhaus an ihre Tochter. Die 脺bergeber behielten sich ein Wohnungsgebrauchsrecht an den R盲umlichkeiten sowie ein Fruchtgenussrecht am Garten samt Obstb盲umen zur眉ck und die 脺bernehmerin verpflichtete sich, an ihre drei Geschwister Ausgleichszahlungen iHv insgesamt EUR 633.134,10 zu leisten (unter Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts). Die Liegenschaft hatte abz眉glich des Wertes der einger盲umten Wohn- und Fruchtgenussrechte einen Verkehrswert von EUR 844.178,00.
Die belangte Beh枚rde vertrat die Ansicht, dass in Anlehnung an 搂 20 Abs 1 Z 4 EStG eine Ver盲u脽erung vorliege, wenn ein 脺bernehmer aus eigenen Mitteln mehr als die H盲lfte des Wertes der an ihn 眉bertragenen Immobilie an den 脺bergeber oder an vom 脺bergeber bestimmte Personen zu erbringen habe. Unter Anwendung des besonderen Steuersatzes von 30 % wurde daher eine Steuer von EUR 20.595,15 festgesetzt. Die Eink眉nfte wurden hierzu der Regelung f眉r Altverm枚gen entsprechend pauschal mit 14 % des Ver盲u脽erungserl枚ses angesetzt.
2. BFG 06.05.2020,
Das BFG ging ebenfalls von einer entgeltlichen 脺bertragung aus. Eine gemischte Schenkung setze neben einem zwischen nahen Angeh枚rigen vermuteten 鈥濨ereichernwollen鈥� auch ein objektives Missverh盲ltnis voraus; diesbez眉glich leitete das BFG aus 搂 20 Abs 1 Z 4 EStG einen 脺berwiegensgrundsatz ab. Der Beschwerde gab das BFG jedoch teilweise Folge, weil dem Revisionswerber die gesamten Eink眉nfte aus der 脺bertragung zugerechnet wurden, obwohl die Liegenschaft zur H盲lfte im Eigentum seiner Ehefrau stand (siehe Tax News 09/2021 ).
3. VwGH 16.11.2021,
Wenngleich auch der VwGH im Ergebnis das Vorliegen einer Ver盲u脽erung best盲tigte, f眉hrt er aus, dass das BFG bei Anwendung des 搂 20 Abs 1 Z 4 TS 1 EStG die Rechtslage verkannte. Diese Vorschrift zum Verh盲ltnis zwischen Leistung und Gegenleistung normiere 鈥� unter Ber眉cksichtigung ihrer aus den Gesetzesmaterialien und aus dem Gesamtzusammenhang abzuleitenden Genese iRd Neuordnung der Rentenbesteuerung 鈥� ausschlie脽lich ein Abzugsverbot f眉r bestimmte Rentenzahlungen.
Die zur Ankn眉pfung an den Tatbestand des 搂 30 EStG erforderliche Abgrenzung von entgeltlichen zu unentgeltlichen Gesch盲ften sei ausschlie脽lich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grunds盲tzen vorzunehmen. Bei gemischten Vorg盲ngen sei nach dem Hauptzweck und Gesamtcharakter des Gesch盲ftes zu beurteilen, ob Unentgeltlichkeit vorliege. Als einer der ma脽geblichen Umst盲nde des Einzelfalles k枚nne ein krasses Missverh盲ltnis der Werte der beiderseitigen Leistungen den Schluss auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen, wenngleich ein Missverh盲ltnis f眉r sich nicht ausreiche, Unentgeltlichkeit anzunehmen.
Bei Zuwendungen an nahe Angeh枚rige wird ein 鈥濨ereichernwollen鈥� im Zweifel grunds盲tzlich vermutet. Weicht allerdings der Wert der Gegenleistung um nicht mehr als 25 % vom Wert des 眉bertragenen Wirtschaftsgutes ab und liegen keine besonderen Umst盲nde vor, die einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen, ist idR von einem einheitlichen entgeltlichen Rechtsgesch盲ft auszugehen.
Im vorliegenden Fall hat sich die Tochter zu Zahlungen an ihre Geschwister iHv insgesamt 75 % des Verkehrswerts der Liegenschaft verpflichtet und damit 鈥� im verk眉rzten Zahlungsweg 鈥� eine Leistung an ihre Eltern erbracht. Aufgrund der deutlich im Vordergrund stehenden entgeltlichen Komponenten war die 脺bertragung insgesamt als Ver盲u脽erung iSd 搂 30 Abs 1 EStG zu qualifizieren und die Revision daher als unbegr眉ndet abzuweisen.
4. Hinweise f眉r die Praxis
Nur Liegenschaftsver盲u脽erungen l枚sen eine Immo-ESt-Pflicht nach 搂 30 EStG aus. Bei gemischten Vorg盲ngen muss beurteilt werden, ob die Absicht des Leistenden, eine Gegenleistung zu erhalten, durch die teilweise Schenkungsabsicht 眉berlagert wird, denn die 脺bertragung ist entweder zur G盲nze als entgeltlich oder als unentgeltlich zu betrachten (ausgenommen Rentengesch盲fte).
Der subjektive Wille des Leistenden muss hierzu aus den ma脽geblichen Umst盲nden des Einzelfalles abgeleitet werden, wobei dem Wertverh盲ltnis zwischen den Leistungen eine besondere Indizwirkung zukommt. Zu der vom Erwerber aus eigenen Mitteln aufzubringenden Gegenleistung geh枚ren dabei zB auch an Dritte zu leistende Zahlungen und nach Ansicht der Finanzverwaltung au脽erdem 眉bernommene Verbindlichkeiten (vgl EStR Rz 6655). Vom 脺bergeber zur眉ckbehaltene Wohn- oder Fruchtgenussrechte mindern hingegen den Wert der Liegenschaft.
Auf Basis der aktuellen VwGH-Entscheidung ist bei Gestaltungen im Familienverband mit Schenkungsabsicht auf die 75 %-Wertgrenze zu achten bzw ob ein offenbares Missverh盲ltnis zwischen den Leistungen vorliegt. Dies gilt auch f眉r andere 脺bertragungsvorg盲nge (etwa von Kapitalanteilen), sofern als Gegenleistung nicht eine Rentenzahlung vereinbart wird.
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